Exkurs: Politik und Medien

Am 14. August machte die Meldung die Runde, dass rund 25% der BAFA-Anträge abgelehnt würden. Die Klarstellung, dass es sich um eine Falschmeldung handelt, kommt vermutlich bei weitaus weniger Leuten an. Der Effekt: Wieder einmal werden viele Leute verunsichert, den Schritt in die E-Automobilität zu wagen.

Die Meldung ging durch zahlreiche Mobilitäts-Blogs, YouTube-Kanäle und auch durch “normale” Tageszeitungen: Bundesweit würden nur 3/4 der beim BAFA zu stellenden Anträge auf die “E-Prämie” bewilligt. Rund 25% hingegen würden abgelehnt.

Die Richtigstellung habe ich durch ein noch in der Nacht zum 15.8. nachgeschobenes Video von Chris vom “Carmaniac” YouTube-Kanal erfahren. Grundlage der Richtigstellung ist eine Twitter-Meldung vom BAFA selbst.

Ich hab mir mal den Spaß gemacht, etwas zu recherchieren. Zunächst hatte ich die Falschmeldung auch auf dem Electrive-Blog wieder gefunden. Dort wurde die Meldung inzwischen (Stand 17.08.) korrigiert: die Überschrift ist nun als Frage formuliert, der URL der Meldung enthält aber noch die WordPress-typische Kodierung der ursprünglichen Überschrift: “bafa-lehnt-27-prozent-aller-umweltbonus-antraege-ab”. Electrive nennt in seinen Artikeln meist die Quellen, hier unter anderem einen SPIEGEL-Artikel. Auch dieser Artikel wurde inzwischen verändert und mit einem entsprechenden redaktionellen Absatz versehen. Dieser SPIEGEL-Artikel beruft sich wiederum auf eine dpa-AFX-Meldung, die für mich nicht so einfach zugänglich ist.

Doch als ich die Falschmeldung auch in meiner Tageszeitung, der Braunschweiger Zeitung, las, kontaktierte ich die zuständige Redakteurin, die mir freundlicherweise sehr fix die dpa-Meldung zur Verfügung stellte und sich auch für den Artikel mit falschem Inhalt entschuldigte. Aus rechtlichen Gründen möchte ich den Inhalt der dpa-Meldung hier nicht wiedergeben. Es ist aber deutlich, dass der Fehler auch in dieser dpa-Meldung vom 14.08., 9:24 Uhr bereits enthalten ist.

Nach derzeitigem Stand scheint der FDP-Verkehrspolitiker und MdB Bernd Reuther hier eine wesentliche Rolle zu spielen. Er wird mit den Worten zitiert: “Die Absagen bei Förderanträgen für E-Autos sind besonders hoch”, was sich auf die (nicht zutreffenden) rund 25% “Ablehnungsquote” beziehen dürfte.

Eine Anfrage per Mail an Bernd Reuther wurde mir heute von seinem Büro nur ausweichend beantwortet. Es wurde mir aber bestätigt, dass er eine entsprechende Einzelanfrage an die Bundesregierung gestellt hatte und dass die Antwort Grundlage für die an die dpa weitergegeben Information gewesen sei.

Meines Wissens erscheinen alle Anfragen an die Bundesregierung als Drucksachen öffentlich. Ich konnte die besagte Anfrage jedoch nicht finden, vermute aber, dass der Vorgang noch zu jung ist und die Veröffentlichung in den nächsten Tagen zu erwarten ist. Dann bin ich gespannt, ob die Antwort der Regierung schon falsch war oder ob der FDP-Abgeordnete etwas dazu gedichtet hatte.

Update 2020-08-18: Das Büro von Herrn Reuther hat mir freundlicherweise heute die Anfrage und Antwort als Kopie zukommen lassen. Daraus gehen Bewilligungsquoten in der bekannten Größenordnung um 75% hervor, aber in keiner Weise eine Ablehnungsquote. Der falsche Twist, dass die Ablehnungsquote in der Größenordnung um 25% liegen würde, in jedem Fall aber die wörtliche Aussage, die Ablehnungsquote sei “besonders hoch”, geht also tatsächlich auf Herrn Reuther zurück. Ob es eine Unachtsamkeit bei der Deutung der Antwort der Bundesregierung war oder eine bewusste Irreführung, ist mir zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.

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